Rezension: Der kleine Sporticus

Ja, ich bin eine von denen, die beim Mannschaftswählen immer bis zuletzt auf der Bank saßen. Als Kleinste in der Klasse hatte ich wirklich Probleme, am Volleyballnetz hoch zu springen oder ohne Angst den Barren zu bezwingen. Diese nicht gerade ermutigenden Kindheitserfahrungen haben aus mir damals keinen Sporticus gemacht und auch keine Sportica. Vielleicht war ich deshalb auch nie sehr ehrgeizig, wenn es um die sportliche Betätigung meiner eigenen Kinder ging. Im Nachhinein war das aber vielleicht auch genau richtig.
Professor Ingo Froböse und Peter Großmann nehmen in ihrem Buch "Der kleine Sporticus", das vor kurzem bei Beltz erschienen ist, die Unsicherheit vieler Eltern ernst und helfen im Dschungel an Informationen, den Überblick zu behalten. 
Schon zu Beginn des Buches, nehmen der Sportwissenschaftler und der Sportlehrer und bekannte Fernsehmoderator dem Leser die Angst. Hier geht es nicht um Perfektion oder darum, wie ich aus meinem Kind eine Sportkanone oder einen künftigen Ronaldo mache. Hier geht es ganz einfach um die Freude an der Bewegung. Die steckt in jedem Kind und lässt sich eigentlich mit ganz einfachen Mitteln erhalten. Wer mit seinen Kindern raus geht, sie draußen spielen und Fahrrad fahren lässt, wer Wege auch mal zu Fuß erledigt und sich nicht von schlechtem Wetter abhalten lässt, ist da schon auf einem guten Weg. Oftmals sind es Ängste, die Eltern heute daran hindern, ihr Kind beispielsweise den Weg zur Schule alleine zurücklegen zu lassen. Ängste sind jedoch meistens keine guten Ratgeber. Auch die Angst der Eltern, ihr Kind könne dick werden, wenn es als Jugendlicher viel Zeit vor der Spielkonsole verbringt, bewirkt manchmal das Gegenteil. In bestimmten Entwicklungsphasen ist es nämlich ganz normal, dass Kinder zunehmen. All das und eine Vielzahl weiterer fundierter Informationen, die auf aktuellen Forschungsergebnissen basieren, finden sich in dem Buch. Dabei wird nicht nur dem Thema "Bewegung", sondern auch dem Thema "Ernährung" eine wichtige Bedeutung zugemessen.
"Ernährung ist heute fast eine Religion" sagt Ingo Froböse, bei der Vorstellung des Buchs in der Deutschen Sporthochschule, bei der ich teilnehmen durfte. Viele Menschen sind sehr dogmatisch und lassen da keine andere Meinung gelten. Andere wiederum kümmern sich kaum darum, was sie essen und ihren Kindern zu essen und zu trinken geben. Wie meistens im Leben, ist das Maß entscheidend. Es ist völlig in Ordnung, mal einen Schokoriegel zu essen oder eine Limo zu trinken, so lange das nicht die täglichen Grundnahrungsmittel sind. Eltern sind hier natürlich Vorbild. Wenn in der Familie zusammen frisch gekocht und gegessen wird und wenn viele unterschiedliche Geschmackserlebnisse angeboten werden, befindet man sich auf dem richtigen Weg, auch bei den Kindern ein Gespür für gutes Essen zu wecken.
Den Autoren ist wichtig, Verantwortungsbewusstsein bei den Eltern zu wecken, möchten sie aber auch gleichzeitig ermutigen, auf ihr Bauchgefühl zu hören und sich nicht verrückt machen zu lassen. Ein Sachbuch voller Wissen und vielen praktischen Ideen und Tipps, bei dem es um viel mehr geht als um Sport. Auch wenn Sport - und das muss ich zugeben - tatsächlich Spaß macht, wenn man sich mal wieder dazu aufrafft.

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