Warum "Eltern Ausschleichen" nicht sein muss!

"Schlaf, Kindlein, schlaf" titelt die Süddeutsche Zeitung am Samstag, den 25.08.17. Beschrieben wird darin die Beratung einer Ärztin und Elternberaterin, die von einer jungen Familie um Hilfe gebeten wird, da der 19 Monate alte Sohn Schwierigkeiten hat, alleine einzuschlafen. Bisher mag er sich nämlich zum Einschlafen (allein in seinem Zimmer) an Mamas Arm kuscheln. Da das Kind im Gitterbett schläft, ist das natürlich nicht so einfach und bequem. Diese Einschlafphase dauert ungefähr 45 Minuten und auch nachts wird er immer wieder wach. Nun kommt die Beraterin ins Spiel, die die Familie zu Hause besucht und schon im Vorfeld bei der telefonischen Beratung ein Kuscheltier empfohlen hat, dass der Junge statt Mamas Arm nehmen soll. Ihr Plan: das Kind kuschelt mit dem Kuscheltier und die Mutter soll sich während der Einschlafphase mehr und mehr entfernen und aus dem Zimmer schleichen. Diesen Prozess nennt sie "Eltern Ausschleichen!", die Eltern sollen wegschauen, sich wegdrehen, wegrücken und schließlich weggehen. Dann soll die Tür angelehnt bleiben und falls sich der Kleine noch meldet, sollen die Eltern rufen: "Alles gut. Nimm den Papagei."

Ehrlich gesagt, war ich schon etwas sprachlos, als ich den Artikel am Samstagmorgen gelesen habe 😒. Abgesehen davon, dass es auch ein paar hilfreiche Tipps zum kindlichen Schlaf gab, wie beispielsweise, dass es gut ist, auch schon während des Tages für Ruhephasen zu sorgen, bin ich doch etwas überrascht, dass gar nicht hinterfragt wird, wer in diesem Fall eigentlich ein Problem hat und warum hier überhaupt eine Beraterin tätig werden muss. Denn wie so häufig, wenn Kinder angeblich schlecht essen, nicht gut schlafen oder zu laut sind, haben ja weniger die Kinder ein Problem, sondern vielmehr die Eltern. Sie sind gestresst, weil das Kind nicht so funktioniert, wie es in ihren Augen funktionieren sollte. Die Erwartungen und Gefühle der Eltern oder ihre Bewertung der Situation werden jedoch nicht in Frage gestellt. Vielmehr wird dem Kind mittels Verhaltenstherapie ein Kuscheltier antrainiert und Mamas Arm abtrainiert. Konditionierung funktioniert! Nach wenigen Tagen schläft der Junge nach 10 Minuten ein. Aber - und das stört mich daran am meisten - es war kein natürlicher Prozess. Es war nicht etwas, was Mutter oder Vater intuitiv ausgehandelt haben, kein Ritual, das sich natürlich weiterentwickelt und verändert hat. Es war eine Maßnahme, die verordnet wurde und die aus einem 19 Monate alten Kind einen Fall gemacht hat. Ein Kind, das gar kein Problem hatte, sondern nur abends mit Mama kuscheln wollte.


Jedes Kind ist anders und so wie es Kinder gibt, die wirklich ganz gut alleine einschlafen können, brauchen manche eben stärker die Nähe der Eltern. Ein Familienbett löst viele Schlafprobleme, weil das Kind in der Sicherheit einschlafen kann, nachts nicht allein zu sein. Auch der Junge aus dem Artikel würde wohl besser einschlafen, wenn er nicht eine einsame Nacht im Gitterbett vor sich hätte. Und Kuscheltiere sind natürlich ganz wunderbare Begleiter für viele Kinder, wenn sie selbst gewählt und nicht verordnet worden sind.

Elias schläft nach unserem Abendritual mit Vorlesen, Pizza backen auf dem Rücken, Singen und Kuscheln übrigens ganz wunderbar alleine ein. Seit einiger Zeit nimmt er ein Schnuffeltuch. All das hat sich aber ganz natürlich entwickelt und verändert sich auch von Zeit zu Zeit. Er weiß, dass jemand nachts bei ihm ist, denn das braucht er im Moment noch. Wir wünschen uns eine gute Nacht und ich gehe aus dem Zimmer - ganz ohne zu schleichen. 

Einen wirklich guten Artikel zum Thema "Schlaf" gab es übrigens letzte Woche bei Terrorpüppi.

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